«Schwarze Schafe» auf der Forschungsweide

«Schwarze Schafe» gibt’s in jeder Herde

Kein Grund für WissenschaftlerInnen nur mit den Achseln zu zucken!

Gestern habe ich eine Dokumentation über Fakes in der Wissenschaft gesehen und war tief betroffen, mit welcher Dreistigkeit WissenschaftlerInnen Studienergebnisse publizieren, die nach intensiver Prüfung das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt werden – wäre es nicht eh schon papierlos.

Unterschriften im Vorfeld und beim Kongress abzufordern…??!!!

Ich bin auch ziemlich viel auf Konferenzen und Weltkongressen unterwegs. Bisher habe ich erst einmal meine Zweifel gehabt, ob da alles mit rechten Dingen zugeht. Speziell in Wien dieses Jahres hatte ich das Gefühl, der Keynote Speaker und Mitorganisator wollte nur seine Krebstherapie (Ukrain) promoten. Er hat zum Schluss von den Teilnehmenden Unterschriften haben wollen, um ein offizielles Schreiben an die Regierung zu schicken. Er fühlte sich ungerecht behandelt und könnte doch so vielen Krebspatienten helfen. Viele hundert Publikationen und Einladungen zu Kongressen können doch kein Irrtum der Wissenschaft sein. Einige von uns wurden misstrauisch und richtig wohl haben wir uns nicht gefühlt.

Dubiose Machenschaften

Es blieb ein Schatten zurück, dass der Veranstalter nicht sorgfältig genug aussucht und prüft. Denn auch einige Vorträge ließen an Wissenschaftlichkeit, Evidenz und Aussagekraft zweifeln. In einer kleinen Gruppe haben wir uns nach Abschluss des Kongresses über unsere Enttäuschung ausgetauscht. Alle sagten dann auch, dass der Veranstalter bereits im Vorfeld elektronische Unterschriften haben wollte. Fast genauso eine Geschichte erzählte die Reportage und war Initialzündung für diesen Blog-Beitrag.

Der Druck zu publizieren ist groß

Ohne eine Latte an Publikationen ist man kein Wissenschaftler. Und kann auch als solcher keine Drittmittel einwerben und vorankommen. Das ist schade, denn viele Forscher, die im Kleinen beginnen und auch erst eine Community aufbauen müssen, um für eine Erkrankung Bewusstsein zu schaffen, sind auf öffentliche Präsentationen und Publikationen ihrer Ergebnisse angewiesen. Gerät man dabei in unseriöse Kreise, hat man wenig Chancen gehört oder gar ernst genommen zu werden. Man wird in den Topf der schnellen Publikation geworfen und Peer Review (mehrere Fachwissenschaftler prüfen die eingereichte Studie/Publikation) hin oder her, der Gesprächspartner von Cochrane hat es auf den Punkt gebracht – die Publikation ist wissenschaftlich nichts wert.

Peer Review, ein Qualitätsmerkmal für Seriosität?!

Etwas aufgeatmet habe ich dann doch, denn meine Texte sind im Peer-Review immer wieder mal zurückgekommen und ich musste Korrekturen vornehmen. Mehr erklären, besser beschreiben, deutlicher formulieren. Uff… habe ich also die seriöse Schiene erwischt. Aber auch hochrangige Professoren sind dubiosen Anbietern auf den Leim gegangen und haben zu spät gemerkt, dass sie nun als Werbeikone, als Aushängeschild dienen, um andere WissenschaftlerInnen anzulocken. Und ja, das ist unser Plausibilitätscheck. Wenn hochrangige und namhafte Professoren, Doktoren, Wissenschaftler auf dieser Konferenz sind oder waren, dann ist das fast wie ein Gütesiegel für junge WissenschaftlerInnen.

Licht ins «windige» Dunkel der Forschung

Daher bin ich dankbar, wenn aufklärende Reportagen Licht ins «windige» Dunkel der Forschung, Wissenschaft und Lehre bringen und uns unbedarften, begeisterten Forschern am Anfang unserer Wissenschaftskarriere Möglichkeiten geben, verlockende Angebote zu hinterfragen, gründlich zu prüfen und bei Zweifeln die Finger davon zu lassen. Gern würde ich ja die ganze Liste, der «schwarzen Schafe» unter den Anbietern von wissenschaftlichen Kongressen/Konferenzen und Publikationsorganen anfordern und sobald ich weiss, ob das geht und wer mir die zur Verfügung stellen könnte, hier auch veröffentlichen.

Wem kann man denn noch glauben?

Wissenschaft ist harte Arbeit und Anerkennung gibt’s auch nicht allzu viel – ausser man zeigt bahnbrechende evidenzbasierte Ergebnisse und dann gehört diese harte und von Rückschlägen begleitete  Arbeit entsprechend gewürdigt und nicht durch „schwarze Schafe“ abgewertet und in Frage gestellt. Wem kann man noch glauben und vertrauen, wenn selbst die Wissenschaft Zweifel aufwirft. Wir seriösen ForscherInnen müssen uns was überlegen. Noch weiss ich nicht was – ausser, dass Wissenschaft und Forschung sowie Publikation in die Hände von akkreditieren/zertifizierten/auditierten Universitäten gehört.

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