Selbst schuld?!
Weil sie zuviel Sport gemacht haben soll, habe sie jetzt PCOS. Ich habe kürzlich diese Aussage von einer Patientin gehört, deren Frauenärztin damit die Diagnose „PCOS“ begründet haben soll. Im Umkehrschluss hiesse das ja: Selbst schuld! Hättest du dich weniger bewegt, wärst du jetzt gesund.
Wie bitter für die Patientin, wie dumm und unsensibel von der Ärztin. Doch leider ist diese Unwissenheit über das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) kein Einzelfall.
Im Medizinstudium kommt PCOS zu kurz
Ich weiss, dass selbst heute PCOS nicht wirklich auf den Lehrplänen der Arztausbildung steht. Für Fachärzte gibt es ausreichend und gute Fortbildungen, Kongresse, Fachkonferenzen – aber man muss sie natürlich besuchen und etwas lernen wollen. In Deutschland gibt es eine etablierte PCOS-Selbsthilfegruppe, die eine Art Zusatzausbildung für Ärzte mit Ärzten entwickelt hat, damit eben genau das nicht passiert, dass sich Patientinnen vor den Kopf geschlagen fühlen und mit der Diagnose PCOS allein gelassen werden.
PCOS ist eine metabolisch-endokrinologische Erkrankung, deren Ursache nach wie vor nicht klar ist, deren Therapie keiner Guideline folgt sondern ein Herumlaborieren an Symptomen darstellt und die meist erst ernst genommen wird, wenn Kinderwunsch besteht. Aus meiner Sicht viel zu spät! Lebensstilfaktoren spielen eine grosse Rolle und ein gesunder, ausgewogener Lebensstil ist unabdingbar. Dazu gehört nach einschlägiger Meinung neben Ernährung, Sport oder jede Form von Nicht-Sitzen (also Bewegung)!
Liebe PCOS-Patientinnen
Bitte treiben Sie weiterhin Sport oder fangen Sie damit an. Ausdauer (mindestens 30 Minuten an 5 Tagen in der Woche) und ein paar Einheiten Krafttraining. Kombiniert bieten Fitness Center Kraft-Ausdauer-Übungen an. Für Gut- und Schlechtwetter gibt es also Optionen. Essen Sie gesund, abwechslungsreich und kohlehydratarm/-reduziert. Viel Pflanze macht den Erfolg, ob in Form von Gemüse oder Salat. Fettarmes Fleisch und ab und zu Fisch bereichern die Mahlzeiten. Schon mal die mediterrane Diät probiert? Vermeiden Sie Alkohol, rauchen Sie nicht und halten Sie sich auch sonst von Drogen fern. Aber all das gilt im Grunde für jeden, der gesund zu seinem Lebensstil erklärt hat.
Sport kurbelt an
Warum? Sport und Bewegung kurbeln das Herz-Kreislaufsystem ordentlich an, sorgt für eine gute Durchblutung aller Gewebe (wichtig, wenn man seinen Kinderwunsch erfüllen möchte) bis in die letzte Kapillare und überströmt den Organismus mit Sauerstoff, was jede einzelne Zellen „aufatmen“ lässt. Sauerstoff hilft bei der Verbrennung von Kalorien (auch wichtig, wenn man sein Gewicht managen muss) und der ganze ovarielle Bereich profitiert ebenfalls. Nicht umsonst ist Sport belebend und quasi ein Jungbrunnen. Aber auch hier gilt – die Menge macht´s.
Wer Extremsport betreibt belastet seinen Organismus so, dass das Immunsystem in ständiger Alarmbereitschaft steht. Alarmbereitschaft bedeutet Stress und Stress lässt Adrenalin und Cortisol nur so sprudeln. Die Zelltüren klappen zu und die Fettverbrennung stoppt. Der Körper denkt: Notzeit! Ein anderer Zelltürenschliesser ist Alkohol. Alkohol ist Kohlenhydrat und Stopper der Fettverbrennung. Abnehmen und das Feierabendgläschen vertragen sich also leider gar nicht.
„Radikal-Killer“ und „Endorphin-Lieferant“
Sport ist zudem ein „Radikal-Killer“ und „Endorphin-Lieferant“. Man fühlt sich gut oder sogar sehr gut oder gar „zum Bäume rausreissen“ nach so einer Sporteinheit. Aber, es muss der richtige Sport sein. Und das muss man für sich selber herausfinden. Keine Sorge, es gibt genug Angebote. Mal ausprobieren und das weitermachen, was einem taugt.
Warum Kraftsport?: wer Probleme mit sehr hohen Androgen-/Testosteronwerten und unter Hirsutismus/Akne/Haarausfall leidet, der kann mit gezielten Kraftübungen die männlichen Hormone in Schach halten oder sogar verringern.
Ich weiss, dass viele Menschen den Gang ins Fitness-Center scheuen und für die habe ich die gute Nachricht, dass man sich zu Hause ein paar Hanteln, einen Bauchtrainer und einen Stepper aufbauen kann. Nimmt nicht viel Platz weg und kann beim Fernsehschauen integriert werden.
Meine allererste Patientin hat mir jetzt nach 10 Jahren gesagt, dass ihr straffer Bauch auf meinen Tipp zurückzuführen sei. Sie lässt einen Reifen um ihre Hüften kreisen, 15 Minuten pro Tag (ja, täglich!!!! wie Zähneputzen). Das hat mich fasziniert. Zeigt aber auch, mit Willen, Disziplin und dem richtigen Gerät für einen selbst, geht das. Mein Tipp: Ausprobieren!
Und um das alles unter ein ganzheitliches Dach zu bekommen, ist die DEBEC-Methode entstanden. Diagnostik (ist es PCOS oder etwas anderes?), Ernährung (dem Stoffwechsel entsprechend essen), Bewegung (Sport für Körper und Geist), Entspannung (Pausen sind wichtig) und Coaching (damit alles rund läuft und auf der Basis von Verständnis).