Hormone – Hochseilartistik des Körpers
Die Welt der Hormone zu verstehen ist ein spannendes Unterfangen. Alles spielt sich auf Ebenen ab, die wir nicht sehen. Alles basiert auf chemisch-physikalischen Prozessen, die unwillkürlich ablaufen. Auf Zellebene werden Ungleichgewichte herbeigeführt und daran geschafft, das Gleichgewicht wieder herzustellen. Es wird unermüdlich aufgebaut und abgebaut. Störungen von aussen, wie von innen, wie auf genetischer Ebene müssen kompensiert werden. Störungen können minimaler Art oder gravierender Art sein und manche Auswirkung zeigt sich zeitversetzt, ohne dass man selber einen Bezug erkennt.
Kaputt gemacht
Der Einblick soll zum Nachdenken über Lebensstil und Gesundheit anregen. Und dass es hochproblematisch ist, was wir uns mit einem unausgewogenen Lebensstil antun. Wenn wir beispielsweise in diese Komplexität durch Medikamente, industriell gefertigte/angereicherte/hormongespickte Nahrung eingreifen, uns um den für die Resilienz so wichtigen Schlaf bringen oder stressgeplagt durch den Alltag hetzen. Und es soll erklären, wie schnell im Körper etwas schiefgehen kann.
Schafft der Mensch sich selbst ab?
Jahre später führt schlechter Lebensstil zu Stoffwechselerkrankungen, Krebs oder zu Muskel-Skelett-Erkrankungen oder neurologischen Erkrankungen führen kann. Oder wie man verstärkt feststellt zu Unfruchtbarkeit – bei Männern (schlechte Spermienqualität, erektile Dysfunktion, Libidoverlust) und Frauen (z.B. PCOS). Die intelligente, hochtechnisierte, digitalisierte Menschheit schafft sich über kurz oder lang selber ab. Oder ist das zu schwarz gemalt?
Das vertrag ich schon!
Wir denken, wir sind die Helden, wenn wir fettig, künstlich und zuckerreich essen. Halt irgendwas in uns reinschmeissen, der Magen wird’s schon verdauen, das Gehirn ist kurz beglückt, der Darm verschaffts und presst am folgenden Tag (vielleicht) irgendwas heraus. Das kann mein Körper ab, sagt so mancher… kann er nicht, aber er schafft emsig wie eine Ameise weiter und richtet auf Zellebene, was der Mensch strapaziert.
Der Krug geht so lange zum Brunnen… Der Körper funktioniert so lange bis...
Allerdings greift hier das Sprichwort « Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht» Und brechen kann im Körper einiges, Blutgefässwände, Myelinscheiden um Nerven… unser Leitungssystem zerbröselt in uns wie ein Gartenschlauch in der Sonne, ohne dass wir lange etwas merken. Alkohol, Nikotin, Medikamente, Drogen, Bewegungsmangel… das Mosaik der langsamen Zerstörung mündet dann in «das ist das Alter» – wenn man denn überhaupt alt wird.
Der molekulare Alptraum „Chips und Alkohol“
Man kann schon jetzt ahnen, was zum Beispiel Kartoffelchips und Bier bei einem Fussballspiel konsumiert oder aus Frust anrichten können – Salz, Kohlenhydrate, Fett, Alkohol, Kohlensäure… ein molekularer Alptraum für den Verdauungstrakt, die Schleimhäute, Blutgefässe und die Hormonwelt.
Das Zusammenspiel ist der Schlüssel zum Erfolg – nicht nur beim Fussball
Dass dies das Zusammenspiel vieler minikleiner und gefühlt autonom agierender, ein ins andere greifender Faktoren ist, ignoriert der Mensch. Er nimmt das Funktionieren seines Körpers als selbstverständlich an. Ausserdem repariert er ja, was kaputtgeht. Also, nun mal nicht so zimperlich und keine Spassbremse sein. Oder wie heisst es so launig «Die Leber wächst mit ihren Aufgaben»
Wir könnten es unserem Körper leichter machen, uns am Leben zu erhalten.
Zu wenige denken sich etwas mehr und leben gesünder und bewusster. Die Hormonwelt unseres Körpers ist vergleichbar mit einer unbezahlbaren Keramik aus der Ming Dynastie und genauso zerbrechlich. Und er ist sogar viel, viel älter als die Mingvasen. Ein solches Erfolgsmodell bräuchten wir in der Wirtschaft, da wird optimiert bis es nicht mehr geht. Unser Stoffwechsel ist das optimierteste, was es gibt, sonst gäbe es uns nicht in der Form, wie wir uns entwickelt haben. Und er ist so hochgradig optimiert, dass Störungen schleichende Prozesse in Gang setzen, die eigentlich vermieden werden können. Wir könnten es unserem Körper leichter machen, uns am Leben zu erhalten.
Hilfe – die Hormone sind los!
Aus gegebenem Anlass wegen meiner PCOS-Forschung bin ich interessiert an Hormonen. So oft werden Beschwerden und Befindlichkeitsstörungen auf Hormone geschoben. Und ja, Hormone sind eigentlich immer im Spiel, wenn es uns nicht gut oder supergut geht.
Was sind nun aber eigentlich Hormone?, fragte mich eine Schülerferienaushilfe.
Hormone sind Botenstoffe, chemische Boten. Sie koordinieren in vielzelligen Organismen die Aktivitäten verschiedener Zellen. Hormon ist übrigens griechisch und bedeutet übersetzt «anregen». 1904 stellten Wissenschaftler fest, dass Sekretin[1] aus dem Zwölffingerdarm die Bauchspeicheldrüse anregt, Verdauungssaft zu produzieren und plötzlich wusste man, wie Hormone funktionieren.
Hormone
- werden in Hormondrüsen hergestellt
- Hormone werden direkt ins Blut abgegeben
- Hormone beeinflussen Aktivitäten. Sie ändern spezifisch Aktivitäten im Zielgewebe oder Zielorgan
Es gibt drei Arten Hormone:
- Niedermolekulare[2] Aminosäurederivate (z.B. Adrenalin).
- Polypeptide (Insulin, Wachstumsfaktoren, Schilddrüsen stimulierend)
- Steroide[3] (aus Cholesterin)
Ende Teil 1
Alles klar bis hierher?
Ich habe jedenfalls verstanden, dass das nicht nur komplex und kompliziert ist, sondern auch sehr «zerbrechlich». Eine klitzekleine Störung, z. B. durch Umwelthormone kann alles in Unordnung bringen und uns in Krankheiten stürzen. Irgenwie vergleichbar mit einem Hochseilakt, bei dem man das Gleichgewicht verliert.
«Hilfe – die Hormone sind los!» entsteht mit freundlich passiver Unterstützung meiner Literatur aus meinem Studium. Und bitte gern Kommentare schicken oder Beispiele zur vereinfachten Darstellung.
[1] Sekretin ist ein gastrointestinales Peptidhormon, das u.a. die Magensäureproduktion stoppt, die Magenentleerung verzögert und sich die Gallenblase zusammenziehen lässt.
[2] Niedermolekular = kleine Moleküle, die in Zellen eindringen können, wie z.B. chemische/pharmazeutische Wirkstoffe oder Pestizide, krebserzeugende Substanzen etc. Wer es genauer braucht: Wirkstoffklasse mit einer Molekülmasse bis zu ca. 800 g·mol−1
[3] Steroide sind wasserunlösliche Kohlenstoffderivate. Die Biosynthese der Steroide bringt nach verschiedenen Reaktionen das bekannte Cholesterin hervor. Aus Cholesterin entstehen in der Nebennierenrinde bei Männern und Frauen die männlichen Geschlechtshormone Androsteron, Testosteron und das Stresshormon Cortisol. Im Eierstock wird Testosteron produziert und dann mit einem Enzym, der Aromatase zu Estradiol umgebaut. Bei der Katalyse der Enzyme vom Cholesterin zu den Steroidhormonen kann durch Gendefekte eine Überproduktion von Geschlechtshormonen entstehen und zum Adrenogenitalen Syndrom führen. In der Leber werden Steroide wasserlöslich gemacht und als Gallensäuren über die Galle in den Zwölffingerdarm abgegeben und ausgeschieden.