Die Psychologie sagt: Ja! Ich auch!
Also los, was hält Menschen davon ab etwas mehr Disziplin oder überhaupt Disziplin in ihr Leben zu integrieren? Und ich meine nicht militärische Disziplin. Die bis zum Umfallen. Sondern die „Hausverstand-Disziplin“. Wie z. B. beim Essen, Trinken, der Bewegung, der Erreichbarkeit, in Job und Familie etc.
Manche belächeln mich oder halten mich für salopp gesagt, bekloppt, dass ich täglich mein Leistungsprofil tracke. Und checke, und seit Jahrzehnten täglich mindestens eine halbe Stunde Sport treibe. Dies auch schon ganz, ganz früh morgens vor der Arbeit. Und zwar egal wo ich arbeite und wie weit weg das ist. So bewege ich mich fast ganzjährig mit Pedalkraft oder joggend zur Arbeit. Nehme mittags meine Milchprodukte mit Müsli und Obst oder Karotten zu mir. Und koche abends frisch. Dabei habe ich einen sehr ausgefüllten 14-16 Stunden Tag. Noch fühle ich mich wohl dabei. Denn ich lasse auch absolute „Gammeltage“ zu. Tage, an denen ich meinen „inneren Schweinehund“ den Tag gestalten lasse oder richtig über die Stränge schlage. Ich bin weder „unlustig“ noch fanatisch. Ich bin gesund (geblieben) – allen beruflichen und persönlichen Anfechtungen zum Trotz.
Wenn selbst Triathleten Probleme mit Disziplin haben…
Nein, das könnte ich nicht. Da bleibt ja der Spass auf der Strecke. Mir kommt meist dies und das dazwischen. Keine Zeit. Ich hab eh schwere Tage usw. Und mein Mann sagt, so viel Disziplin könnte er nicht aufbringen. Und dass, obwohl er Triathlet ist, was schon allein Disziplin voraussetzt.
Früher habe ich versucht, Leute für mein Lebensmodell zu begeistern, heute lebe ich es still vor und merke nur, wenn ich erzähle, was so alles in meinen Tag passt, wie die Zuhörenden denken (oder es auch sagen), und das alles an einem Tag? Da muss doch der Körper mal abschalten, das muss doch auf die Dauer krank machen… das kann doch gar nicht gut sein.
Vielleicht? Vielleicht auch nicht. Ich bin 56, denke noch nicht daran, mich aufs Sofa zurückzuziehen, sondern bin noch immer für aussergewöhnliche Aktivitäten zu haben und plane einen bewegten Ruhestand – soweit es die Gesundheit natürlich zulässt. Und mit dem „Älter werden“ muss auch die Disziplin oder, wenn Willensstärke besser klingt, die Willensstärke mitgezogen werden. Manches fällt schon schwerer als früher, aber wenn ich mich überwunden habe, bin ich umso stolzer auf mich, das motiviert und so ist die „Positiv-Spirale“ angestossen.
So, das war jetzt eine lange Vorrede und klingt vielleicht auch etwas „Selbstbeweihräucherisch“, ist aber authentisch und – ich habe auch eine gute Weile gebraucht, bis ich mich dahin entwickelt habe, was ich nun schon Jahrzehnte durchziehe.
Der Artikel „Willensstärke kann man trainieren“, den ich heute gelesen habe und der mir so was von aus der Seele spricht, ist mit Dr. Jens-Uwe Martens als Interview geführt worden.
Machen, was vernünftig ist – und nicht was mir leicht fällt!
Es ist zu lesen, die Festung, in der die Disziplin, die Verhaltenssteuerung sitzt, ist in jedem gesunden Gehirn lokalisiert und nennt sich „präfrontaler Kortex“.
Wenn ich also etwas beginne (z.B. morgens vor dem Frühstück laufen im Wald), dies eine Weile durchziehe und dann –infolge Pause, Krankheit, Unterbruch etc. – nicht wieder aufnehme, dann muss dieser Teil reaktiviert und trainiert werden. Ich muss mich also mindestens einmal überwinden und die Aktivität wieder aufnehmen, um das gute Gefühl danach wieder zu spüren. Dann stehen die Chancen gut, dass ich weitermache. Ist das Erlebnis weniger gut, kann es sein, ich finde tausend Ausreden und irgendwann ist es viel zu lange her dass… und ich lasse es sein.
Willen aktivieren, sich selbst überwinden!
Und das meint, immer wieder raus aus der eigenen Komfortzone. Wenn das Gehirn oder Freunde fragen warum tust du dir das an, dann muss als Endpunkt „Wohlbefinden und Gesundheit“ stehen, denn das sind die Antriebe für Leistung und Erfolg.
Beispiele: früh ins Bett, wenn man am nächsten Tag einen anstrengenden Tag hat, Party feiern und auf Alkohol verzichten ,weil man am nächsten Tag einen klaren Kopf braucht, eine Fastenkur durchziehen, Trainingseinheiten trotz widrigen Bedingungen machen, sich einen „Auszeittag“ ohne Handy und Internet verordnen und sich nicht davon abbringen lassen.
Was hätten Sie noch für Beispiele, wo Sie Ihren Willen bewusst einsetzten müssen? Schokokonsum, Rauchen…
Ziehe ich die Willensstärke durch, formt sich mein Gehirn um. Aber das braucht eine Weile. Wenn ich meinen Lifestyle verändern will oder muss (weil der Arzt meint, das sei jetzt höchste Zeit) dann braucht das Gehirn ca. sechs Wochen bis drei Monate, um die neuen Bedingungen gut zu finden.
Fällt Disziplin leichter, wenn wir es für andere tun?
Manchmal schon – oder? Wenn der Chef was will, springen wir, wenn ein/e Freund/in was vorschlägt, machen wir; wenn wir jemanden beeindrucken wollen, legen wir uns ins Zeug…
Wir wollen zuverlässig sein, belastbar wirken und dynamisch herüberkommen (nicht alle, aber doch viele, zumindest meine Erfahrung). Akzeptanz von anderen ist Menschen i.d.R. wichtig und trägt auch zur Sozialisation bei. Die Motivation und Emotionalität kann sich positiv auf andere übertragen und man lässt sich mitreissen, probiert mal was aus, findet Gemeinsamkeiten oder lernt seine Grenzen kennen. In jedem Fall trägt es zu einer Form des Wohlbefindens bei. Wichtig hierbei ist eine Ausgewogenheit zwischen Anerkennung von aussen und dem sich selbst genügen, beides trägt zur Motivation bei, nur eines davon lässt Gefühle verarmen (Selfie- und Austausch-Generation)
Denken ist allein meins, Handeln kann beeinflusst werden, Vernunft und Wille steuern mich
Und das ist bei Unbequemen Dingen wichtig. Nicht ans frühe Aufstehen denken oder die Kälte oder…, sondern an die positiven, prickelnden Gefühle nach dem Sport oder die Leichtigkeit des Seins, nach einem gesunden Frühstück… den Sonnenaufgang (für Morgen-Aktivisten), der Vollmondnacht (für Abend-Aktivisten), dem sich lichtenden Nebel, dem warmen Regen, dem eisigen Wind, dem Matsch und Dreck…
Willensstärke ist wie vieles andere auch: trainierbar!
Die Psychologie sagt, Willensstärke ist trainierbar, eine optimistische, positive, zuversichtliche Grundhaltung“ auch. Wir sind unserem Gehirn nicht sklavisch ausgeliefert. Es verkümmert nicht, wenn wir ihm keine Schoki geben, sondern stattdessen Bewegung abfordern oder Denkleistungen. Es ist uns auch nicht böse, wenn wir ihm Verzicht verordnen – es lernt sich darauf einzustellen und baut sich auch um. Würde das nicht passieren, könnte niemand mit Rauchen aufhören oder käme vom Alkohol los oder könnte langfristig abnehmen oder sein Leben umkrempeln, spezielle Höchstleistungen bringen, Ängste überwinden, Krankheiten besiegen – genug positive Beispiele gibt es.
Bei dir hört sich das immer alles so leicht an, aber ich kann das nicht, weil… höre ich öfter mal. Doch was man will kann man! Das ist und bleibt mein Motto und bin dabei Mensch geblieben. Ich presse keinem mein Modell auf oder vermittele das Gefühl, jede/r die/der das nicht so sieht liegt falsch und muss sich schlecht fühlen. So zeige ich und lebe vor und halte daran fest, weil es mir gut tut und weil ich motiviert bin und deshalb motivieren kann.
Mein Lieblingsbeispiel den Tag zu beginnen ist der Smiley 🙂 er zeigt sein lachendes Gesicht, doch wenn ich ihn drehe schaut er grimmig 🙁 . Und es ist jeden Tag meine Entscheidung, in welche virtuelle Richtung ich ihn drehe. Und wenn ich die grimmige Seite wähle, überlege ich wie ich ihn über den Tag drehen kann, damit ich einen positiven Abschluss hinbekomme.
Mehr zum Thema: Dr. Jens-Uwe Martens, Dr. Julius Kuhl das Buch „Die Kunst der Selbstmotivierung“