Und der Übeltäter heisst… Testosteron!?

Ganz so einfach ist´s dann doch nicht!

Wie viele Spieler auf dem Feld stehen, weiß bei PCOS noch keiner!

Vermännlichung des Körpers, Übergewicht. Immer noch wird da die Korrelation gesehen. Obwohl es auch die Kombination Vermännlichung und Normalgewicht gibt.

PCOS , „Polyzystisches Ovarialsyndrom“, ist ein Leiden, das über 10% aller Frauen im reproduktiven Alter betrifft. D.h. von der ersten Menstruation bis zu Prä-Menopause (ca. 14-44 Jahre). Bis zu 20% werden in ernst zunehmenden Publikationen bereits diskutiert.

Was ist gesichert?
  • Ursache: unbekannt
  • Diagnostik: nach Ausschlussverfahren und Rotterdam Kriterien
  • Therapie: nicht standardisiert oder personalisiert
  • Heilung: bisher nicht bekannt

Millionen von Frauen weltweit sind betroffen. Die wenigsten davon erhalten eine Diagnose vor dem Zeitpunkt des Kinderwunsches. Viele Jahre, in denen bei Übergewicht gegen Risikofaktoren angekämpft werden könnte sind verloren. Doch viel entscheidender ist, dass diese Frauen sprichwörtlich durch die Hölle gehen.

Irrwege bis zur Diagnose

Aus Gesprächen, aus Veröffentlichungen aus Büchern zum Thema ist bekannt, dass fast jede Frau die gleiche Odysse bis zur Diagnose durchmacht. Zu dick – nimm halt ab, zu viel Haare an den falschen Stellen – kosmetisches Problem, Akne – hat man eben, wenn die Hormone kreisen, Menstruationsprobleme – kommt vor, Haarausfall – gibt sich wieder und dergleichen mehr. Aussagen, die so von der behandelnden Ärzteschaft kommen und nicht nur aus dem sozialen Umfeld. Kaum jemand jedoch berücksichtigt die Stimmungslage, in der sich eine Frau befindet, die spürt, die sieht, die tief in ihrem Inneren weiss – da stimmt was nicht. Aber was…?

Keine Bagatelle – ernstzunehmende Erkrankung mit schwerwiegenden Folgen

Die Bagatellisierung einerseits und die psychische Belastung andererseits treffen auf organische Probleme. Denn zum einen ist der Grundumsatz dieser Mädchen, Teenager, Frauen verlangsamt und zum anderen ist durch gestörte Verstoffwechselung von Fetten und Kohlenhydraten Abnehmen von Körpergewicht fast unmöglich und mit grossen Anstrengungen und Disziplin verbunden. Und das führt dann zu den bekannten Ko-Morbiditäten.

Gehirn stellt sich nicht auf langsamen Grundumsatz ein – es denkt „normal“

Paradoxerweise fordert das Gehirn Zucker auch wenn dieser nicht verbrannt sondern im Körperfett gespeichert wird. Und zusätzlich ist auch ein gesunder Appetit vorhanden. Geben die betroffenen Frauen dem nach, explodiert das Gewicht. Meine Fall-Studien-Patientin hat so innerhalb von 8 Monaten fast 10 Kilo zugenommen, andere Fälle sind bekannt, da ging das in 6 Monaten. Und zwar ohne, dass an der Ernährung oder dem Lebensstil viel geändert wurde. Das aber glaubt kein Aussenstehender. Im Gegenteil  – jeder weiss es gern besser und mutmasst, dass da heimlich gegessen wird, zu wenig Sport getrieben wird oder man „Heavy User“ im Fast Food Restaurant ist.

Und sieht man dann so eine Frau einen Burger essen, ist man natürlich bestätigt. Frauen mit PCOS sind Menschen, die ganz normal leben möchten, die in jungen Jahren alles so geniessen möchten, wie alle anderen auch.

PCOS nagt an der Lebensqualität

Selbst, die mit starkem Rückgrat und Rückhalt entwickeln unter dem Druck von aussen und ihren eigenen Erwartungen an sich und ihren Körper psychische Probleme. Ausserdem zweifeln sie an sich, sobald Blutwerte vorliegen und die Androgene quasi die Vermännlichung bestätigen. Unterschiedliche Phänotypen zeigen dann auch unterschiedliche Ausprägungen des Hyperandrogenismus. Körperbehaarung wie ein Mann. Zudem Glatzenbildung, fettige Haut, teigiges Gesicht, unproportionierte Körperfettverteilung. Keine Frau verbindet das mit Attraktivität. Und ja, Frauen wollen sich und ihren Körper mögen. Das hat nun nichts mit Eitelkeit zu tun oder Überbewertung des Äusseren.

Weil ich es mir wert bin

Das ist etwas, das man sich wert ist, etwas das dazu beiträgt Selbstbewusst durchs Leben zu gehen, was einen erfolgreich sein lässt. Und um das noch zu untermauern – der Körper macht das, weil Störungen dahinter liegen, eine Krankheit, die als solche nicht anerkannt ist und als Syndrom, als Differentialdiagnose abgetan wird, d.h. findet man nichts anderes, ist es PCOS.

Diagnostik könnte helfen

Und hier, genau hier muss etwas passieren. Es muss eine Diagnostik geben, die eindeutig und früh zeigt, womit es Frauen zu tun haben. Einen Test, den junge Mädchen genauso wie ältere mit Kinderwunsch oder auch ohne machen können. PCOS ist kein Todesurteil, man kann damit leben und sich arrangieren, auf alles mögliche einstellen, aber mit einer gesicherten Diagnose fällt das leichter.

Schnelltest und verständnisvolle ärztliche Betreuung

In dem Fall, in dem äusserlich keine Veränderungen sichtbar sind, wird meist auch erst die Diagnose gestellt, wenn Kinderwunsch besteht und es einfach nicht klappen will. Gesund wirkende Mädchen und Frauen, die regelmässig menstruieren oder ziemlich regelmässig werden keinem Ultraschall unterzogen. Diese Frauen würden von einem frühen Schnelltest profitieren. Sie würden auch rechtzeitig erfahren, dass sie sich alle halbe Jahr gynäkologisch untersuchen lassen sollten, spezielle Therapien beginnen und ebenso früh lernen PCOS zu akzeptieren. Der Leidensweg für die Betroffenen, Partner, Familien und Freunde könnte zugunsten von gesteigerter Lebensqualität stark verkürzt werden.

Aufmerksamkeit

Dazu ist aber auch wichtig, dass Ärzte aufmerksam sind. Sie müssen vorurteilsfrei diagnostizieren und Zeit für ihre Patientinnen aufbringen. Sie sollten auch nicht genervt sein, wenn Frauen vorinformiert und mit gezielten Fragen in die Sprechstunde kommen. Ebenfalls sollten sie Klartext reden und nicht, wie auch in sehr vielen Fällen den Patientinnen verschweigen, dass es sich um PCOS handelt oder handeln könnte. Leider auch kein Einzelfall ist, wenn die Diagnose PCOS gestellt wurde, die Patientin nicht mit einem Pillen- oder Metforminrezept sowie einer Adresse einer Ernährungsberatung nach Hause schicken. Reden, Vertrauen aufbauen und Therapiemöglichkeiten aufzeigen sind die bessere Vorgehensweise.

Die Info, dass die Betroffene keine Kinder bekommen kann ist hart und vielleicht auch falsch. Wenn diese Patientin im Internet liest, dass Diabetes und Krebs öfter auftreten, dann bricht für eine junge Frau die Welt zusammen.

Forschung gibt Gas

Die Forschung arbeitet auf Hochtouren und im stillen Labor. Bayer zeigt sich zuversichtlich einen Wirkstoff gefunden zu haben, der in den Hormonhaushalt eingreift und die Hormonstörung beheben soll. Das Medikament steht in seiner Entwicklung  noch am Anfang. Derzeit laufen Tierversuche. Begleitend zur Wirkstoffentwicklung wird bei der Ursachenforschung Gas gegeben. Man will die Mechanismen verstehen und so herausfinden, wie die komplexen Vorgänge zusammenhängen, wer wo wie mit welcher Auswirkung aktiv ist.

Durchbruch?

Andere Pharmazeutische Unternehmen arbeiten an verbesserter Diagnostik. Für die Betroffenen wäre es ein Durchbruch würden sich Diagnostik und neue Behandlungsformen ergänzen. Vielleicht wird dann PCOS auch als Krankheit von den Krankenkassen anerkannt und die Behandlung bezahlt. Noch trägt neben dem Syndrom auch bei den Kosten die Betroffene die Hauptlast.

Quellen:

  • Keck, Christoph Krone, Wilhelm (Hrsg.) (2011): Das Syndrom der polyzystischen Ovarien, Interdisziplinäre Konzepte zu Diagnostik und Therapie des PCOS, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 2011
  • Andries M, Glintborg D, and Andersen M. Risk of impaired glucose tolerance in normal weight hirsute women during four years observation, Acta Obstet Gynecol Scand 2010 Aug; 89(8):1091-5.
  • Dewailly D. Diagnostic criteria for PCOS: Is there a need for a rethink?, Best Practice & Research Clinical Obstetrics and Gynecology 37 (2016) 5e11.
  • Dewailly D, Luian ME, Carmina E., Cedars MI et al. Definition and significance of polycystic ovarian morphology: a task force report from the Androgen Excess and Polycystic Ovary Syndrome Society Hum Reprod Update 2013.
  • Saxena P, Prakash A, Nigam A and Mishra A. Polycystic ovary syndrome: Is obesity a sine qua non? A clinical, hormonal, and metabolic assessment in relation to body mass index, Indian J Endocrinol Metab. 2012 Nov-Dec; 16(6): 996–999.
  • Rothenberg SS, Beverley R, Barnard E, Baradaran-Shoraka, and Sanfilippo JS. Polycystic ovary syndrome in adolescents, Best Practice & Research Clinical Obstetrics and Gynaecology (2017)

 

  • Eckert-Krause, Marion (2014): KANN GEWICHTSREDUKTION HIRSUTISMUS EINDÄMMEN? Abstractbuch, Menopausekongress, Wien
  • Eckert-Krause, Marion (2014): Gesunder Stoffwechsel beginnt im Mund, Abstractbuch Menopausekongress, Wien
  • Eckert-Krause, Marion (2014): Wege aus der psychischen Belastung adipöser Menschen während Gewichtsreduktion / Kongress Dokumentation/ Public Health Schweiz, Olten
  • Eckert-Krause, Marion (2014): WEIGHT STEP MANAGEMENT WITH OBESE CLIENTS, Public Health Schweiz, Olten
  • Eckert-Krause, Marion (2013): Vielversprechende Therapiekombination bei polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS) mit Hirsutismus / Studienplanung mit Einsatz der Elektro-Epilation, Abstractbuch, Menopausekongress, Wien

 

  • Eckert-Krause, Marion (2013): ORALE KONTRAZEPTIVA, KOSMETISCHE EPILATION UND LEBENSSTILÄNDERUNG WIRKEN BEI PCOS MIT HIRSUTISMUS, Menopausekongress, Winterthur
  • Eckert-Krause, Marion (2013): „Zukunftsweisend – Fächerübergreifender Therapieansatz bei Adipositas bedingten systemischen Erkrankungen“, Menopausekongress, Wien
  • Eckert-Krause, Marion (2013): Promising Therapy for Polycystic Ovary Syndrom (PCOS) with Hirsutism, Public Health Schweiz, Zürich
  • Eckert-Krause, Marion (2012): Mehr Lebensqualität bei PCOS mit Hirsutismus durch die DEBEC-Methode.  Eine Behandlungsinformation, Kongress Dokumentation, PGMM Event Spital der Zukunft, Winterthur
  • Eckert-Krause, Marion (2012): PCOS und Hirsutismus, Wenn Haare zur dauernden Belastung werden, Kongress Dokumentation, PGMM Event Spital der Zukunft, Winterthur
  • Eckert-Krause, Marion (2012): Bei Belastung durch Körperbehaarung Elektro-Epilation – Die Methode zur definitiven Haarentfernung,  Kongress Dokumentation, PGMM Event Spital der Zukunft, Winterthur