„Meine Werte, deine Werte – was ist mir wichtig?“
Die Zukunft der Arbeit – und wie wir sie meistern
20. Treffen des Unternehmernetzwerkes Betriebliche Gesundheitsförderung
Zusammengefasst und interpretiert von Dr. Marion Eckert-Krause, 14.05.2015
Diplom Psychologe Markus Väth (Autor u.a. von „Feierabend hab ich, wenn ich tot bin“…) stellte folgende einleitende Frage bei seinem Vortrag am 22. April 2015 bei der AK Feldkirch im Rahmen des Unternehmernetzwerk betriebliche Gesundheitsförderung, was in seinem Leben gerade wichtig sei und stellte fest: Alter, Familie und der Prozentsatz, der die Wahrscheinlichkeit bestimmt, dass sein Job irgendwann einmal von einem Roboter übernommen wird.
Und so, sein Appell, sollte sich jeder diese Frage, nach dem, was gerade in seinem Leben wichtig ist, stellen. Und auch, was diese Wichtigkeit mit uns Menschen mache, gerade im Hinblick auf Veränderungen in der Führung, der Fähigkeit zu denken und die Biografien, die der Arbeitsmarkt heute signifikant verändere.
Väth stellte provokante Fragen zum Führen mit Werten “Sind meine Werte auch deine Werte?“ und wenn führen mit Werten, dann mit welchen.
Die Suche nach Werten sei eine Sinnsuche. Sinn ist auch der Hauptbestandteil von Motivation. Sehe ich einen Sinn, in dem was ich tue, dann gebe ich alles, brenne für meine Ideen und meine Lösungsansätze. Sehe ich keinen Sinn mehr oder werden meine Werte verschoben, fehlen Wahrnehmung und Anerkennung, brenne ich aus. „Burn Out“- die Erscheinung im Leben (Beruf, Studium, Leben…), die heutzutage schon grosse Belastungen für Teams und Arbeitgeber darstellen. Es werden aber auch neue Betätigungsfelder aktiviert: Wiedereingliederungs- und Trennungsmanagement.
Ein elementarer Faktor auch der Druck und Druckweitergabe, die in konträrem Verhältnis zur menschlichen Arbeitswelt steht. „One size“ fits it all“, Gleitzeit führt zu Mehrarbeit, Führungskräfte werden auf Zeit nominiert, Arbeitszeit oder Bereitschaftszeit. Die Grenzen verschwimmen und die Erwartungen an jeden Einzelnen steigen – Steilvorlage geben die Medien, die eine ständige Erreichbarkeit ermöglichen. Der Klassische Feierabend, das Wochenende werden so geschickt ausgehebelt. Wer was werden will, muss erreichbar sein… bis das Feuer erloschen ist und man über den Krankenstand zu Erholung kommt. Ist das der richtige Weg? Oder gilt wieder einmal mehr das Motto „Survival oft he fittest“. Früher konnte man so Karriere machen – heute ist das schwieriger, weil gerade in grossen Unternehmen mehr im Team gemacht werden soll (Teamziele in der Jahresendbewertung), Selbst Führung als „persönlicher Reifungsprozess“ wird auf mehrere Schultern verteilt und es wird immer schwieriger, sich hervorzutun, was Besonderes zu leisten, etwas auf das man selber stolz sein kann. Allerdings sparen manche Unternehmen so auch die höheren Löhne für Führungskräfte.
Die älteren Arbeitnehmenden unter uns haben auch ihre Schwierigkeiten damit und nicht selten wird die Frage gestellt „Wer ist denn nun mein Vorgesetzter, wer ist denn der Chef“. Unklarheiten, Sinnsuche, Druck… die Motivation bleibt auf der Strecke und hinzu kommt dann noch die digitalisierte Welt, die spannende Aufgaben oft zur Routine verkommen lassen, weil nur noch wild herumgeklickt wird. Väth spricht davon, dass wir heutzutage in „Klicks ersaufen“, wir statt Info-Taucher, Info Surfer geworden sind und wir schnellstmöglich das „Multitasking“ gegen ein „Singletasking“ austauschen sollten, damit wir nicht unser „Gedächtnis auslagern“ und wieder produktiver zu werden. Die Produktivität jedes Einzelnen geht nämlich zurück. Durch die vielen Reize die tagtäglich auf uns einströmen verkürzen sich die Produktivitätsphasen – wir machen vieles, aber nichts mehr richtig und von Anfang bis Ende mit der genügenden Konzentration. Das ermüdet – unser Gehirn und uns selber, führt aber paradoxerweise zu verändertem Schlafverhalten, Schlaflosigkeit, Ein- und Durchschlafproblemen und mit oftmalig wenig erholsamem Schlaf.
Schlaf, wie Stoffwechsel ist – auch wenn es uns Menschen nun schon eine Weile auf dieser Erde gibt – nicht auf moderne Technologien ausgerichtet. Auch wenn Hirnforscher schon gefunden haben sollen, dass sich Areale im Gehirn verändern. Das ist nicht wirklich neu, weiss man doch, dass die Datenautobahnen im Gehirn verkümmern, werden sie nicht regelmässig genutzt. „ Use it or loose it“. Wer in der 7 Klasse eine Sprache gelernt hat, z.B. Französisch, die Sprache nie angewendet hat, der weiss wie mühsam es ist, sich nach Jahren an die banalsten Redewendung zu erinnern.
Väth propagiert einen „Gehirnexperten“ in Unternehmen zu etablieren, ebenso wie die Revitalisierung des Singletaskings, einer eingeschränkten Erreichbarkeit und einer geschickten Planung von Mensch und Aufgabe (alles andere killt Umsatz und Gesundheit)
Personalentwicklung ist für Väth deshalb auch ein „No go“. Personal wird nicht entwickelt, Personal wird gefördert und zwar mit Körper, Geist und Seele. Nur dann entsteht eine gewinnbringende Situation für Arbeitnehmende und Unternehmen.
Zersplitterte Arbeitsbiografien und – verhältnisse – ich kenne es aus meinem Werdegang, haben mir bei Bewerbungen sehr oft viele fragen eingebracht und bei häufigen wechseln wird oft gemutmasst, dass dann wohl irgendwas mit dem Bewerbenden nicht stimmen könne. Zukünftig werden Lebensläufe ohne Unterbrechungen die Exoten sein – ähnlich wie früher arbeitende Mütter, die ihre Kinder in die Obhut anderer gegeben haben komisch beäugt wurden und heute die Mütter, die sich fürs zuhause bleiben entscheiden, Exoten sind. Das Beständige liegt im Wandel und muss nicht immer schlecht sein, auch wenn wir Menschen als Gewohnheits“tiere“ gelten und Veränderungen nicht wirklich gut finden. Veränderungen in Unternehmensstrukturen können beispielsweise „Fluid Company-Modell“ oder „Caring Company-Modelle sein, in dem für Familien, Kita, Wohnen, also quasi „all inclusive“ gesorgt wird und über „Kultur“ und nicht über Verträge Arbeitnehmende ans Unternehmen gebunden werden. Auch Modelle wie „Rent a Rentner“, Einsatz von Immigranten, Studienabbrechern etc. können den Mitarbeiter-Pool bereichern. Und letztlich darf ein „echtes“ Retention Management, also eine Trennungskultur im Unternehmen nicht fehlen.