In meinem Bericht über Kränkung als einer Form der Negativ-Wertschätzung habe ich den Begriff des Mobbings nicht verwendet. Und dies aus gutem Grund. Während die Kränkung an sich schon eine Herabwürdigung einer Persönlichkeit ist, ist Mobbing noch eine Spur stärker und für den gemobbten vernichtender.
Mobbing zerstört auf Dauer
Mobbing ist wie Burn-Out, einmal erlebt nicht wieder aus dem Kopf zu bekommen. Wer gemobbt wurde, wird Zeit seines Lebens daran arbeiten müssen, Vertrauen wiederzuerlangen. Bei Kränkungen kann es schon besser gehen, wenn man denjenigen meidet, der meint er müsse sich erhöhen, indem er andere erniedrigt. Auch kann man Techniken entwickeln, Kränkungen zu begegnen. Mobbing ist wie als wäre man der Spielball von anderen. Fremdgesteuert und immer einen Schritt hintendran.
Machtmissbrauch und Psychoterror – Mobbing macht ohnmächtig
Bei Mobbing kommen Machtmissbrauch und Psychoterror ins Spiel. Wer durch diese Hölle gegangen ist, weiss, was ich meine. Es stellen sich angesichts der Mobbingaktionen Ohnmachtszustände, Selbstzweifel und Angstzustände ein. Man vertraut sich selbst nicht mehr. Ahnt dass etwas ganz gehörig falsch läuft. Weiss aber lange nichts konkretes und letztlich nicht mehr, wem man vertrauen kann.
Mobbing, um Mitarbeitende loszuwerden
Unternehmen, die Mitarbeitende loswerden wollen greifen über ihre Führungsetage gern zu solchen Verfahren. Und leider finden sich immer wieder Menschen, die Menschen auf diese Weise quälen und kaputt machen.
Einzeltäter oder als Gruppe – Mobbing hat viele Gesichter
Professor Haller brachte in seinem Vortrag bei der SALVUS-Verleihung 2019 eine sehr treffende Definition: „Mobbing ist ein Prozess systematischer Ausgrenzung und Erniedrigung eines Menschen fortwährend betrieben von einer oder mehreren Personen“
Mobbing – keine Seltenheit im Arbeitsleben
In meiner Beratungspraxis sind Mobbingfälle keine Seltenheit. Mobbingopfer sind verzweifelt und suchen meist viel zu spät Hilfe und Unterstützung. Auch ist meist ein Jobwechsel nötig, um die Person vor weiteren Angriffen zu schützen. Dies macht dann aber zusätzlich Angst, weil wer arbeitet, tut dies meist aus dem Grund, seine Existenz zu sichern. Es steht also richtig viel auf dem Spiel.
Teufelskreislauf – Schuld – Scham
Öffnen sich Menschen und erzählen, was ihnen widerfährt, fühlen sie sich auch oft schuldig an der Situation, suchen nach Erklärungen bei sich selbst und versuchen akribisch, chronologisch alles nachzuvollziehen, was sie geamcht haben, was ihnen unterstellt wurde etc. Das kostet KRaft und ist ein schlechter Anker. Denn so zeiht sich die Schlinge, die von Kollegen oder der vorgesetzten Stelle dem Betroffenen um den Hals gelegt wurde, immer weiter und unbarmherziger zu. Wenn Menschen selber erkennen, wo sie da hineingeraten sind, kommt auch noch Scham hinzu. Und das verzögert die Öffnung hin zum Durchbrechen des Teufelskreislaufs.
Kleinigkeiten – aber aus wessen Sicht ist was wie zu bewerten?
Und dann kommen wieder „Kleinigkeiten“ auf den Tisch. Die Person sei empfindlich, könne mit Kritik nicht umgehen, andere müssten Fehler ausbügeln, was man ja gern mache, aber da müsse dann schon auch Entgegenkommen zu sehen sein, Getuschel hinterm Rücken, Gegackere, wenn die Person kommt oder geht… aber nein, sie sei nicht gemeint, sie solle sich doch nicht so wichtig nehmen, oder es werden Sachen versteckt, Informationen vorenthalten, Email-Inhalte verdreht dargestellt… So geschickt, dass sich die betroffene Person nicht anders kann als sich schlecht zu fühlen. Die Reihe der Kleinigkeiten kann unendlich weitergeführt werden.
Das perfide des Mobbings ist es, dass sich der Betroffene nach einer gewissen Zeit selbst die Gründe liefert und den Mobbern quasi in die Hände spielt. Irgendjemand bezeichnete dies als Schlangennest. Während die Energie des Gemobbten abgesogen wird, fühlen sich die Mobber mehr und mehr bestätigt und gestärkt und denken sich immer neue Schikanen aus. Leider ist Mobbing immer sehr schwer nachzuweisen. Denn Mobber verstehen sich meisterlich darauf ihr selbst inszeniertes Spiel zu de-eskalieren. Und schon steht der Gemobbte auch noch als „Trottel“ dar, der die Situation voll verkannt hat.
Professionelle Begleitung und Beratung helfen
Bisher habe ich nur ganz selten Fälle gehabt, bei denen man aufeinander zugegangen ist, den oder die Mobber zur Verantwortung gezogen hat und sich das Betriebsklima verbessern konnte. In der Regel bleibt nur eine Lösung. Die gemobbte Person entzieht sich der Situation durch Kündigung und Neustart in einer anderen Umgebung. Zu empfehlen ist allerdings, professionelle Beratung. Aus jeder noch so schlimmen Situation lässt sich für die Zukunft lernen.
Diese Chance sollte kein Gemobbter verstreichen lassen. Und es kann einen stärken, wenn man lernt, warum man zum Mobbingopfer wurde und lernt sich zur Wehr zu setzen oder frühzeitig zu merken, wenn was schief läuft und entsprechend rechtzeitig die Situation anzusprechen.