Pellkartoffeln und Hering

Dieser Beitrag sollte viel früher kommen, doch mein Mann hat mehrfach die Zutaten – Pellkartoffeln und Hering-  fürs Titelbild verputzt, bevor ich ein Foto machen konnte. Irgendwann mochten wir nicht mehr, aber heute 🙂 und die Geschichte nun am Ende der Beschränkungen.

Lockdown, um die Ansteckungskette zu unterbrechen. Lockdown heisst Ausgangssperre. Aus der Coronavirus-Epidemie wurde eine Pandemie.

Mitte März 2020 starteten die Einkäufe, die zum Ziel hatten, Vorräte aufzustocken. Dies für den Moment, wenn es plötzlich heissen würde, dass keiner mehr raus darf oder Versorgungs-Engpässe entstehen. Und -Vorratskäufe haben nichts mit Hamsterkäufen zu tun.

Omas Wurstkammer

Da unsere Jahrgänge 1955 und 1960 noch in guter Erinnerung haben, wie die Grossmutter und Mutter die Vorratskammern füllten,  würde es uns gelingen, leckere Sachen einzulagern. Damals konnten wir zusehen, wie langsam übers Jahr mit eingewecktem Obst, Gemüse und trockenen Erbsen und Bohnen oder Lindenblüten und Pfefferminze für heilende Tees in der kalten Jahreszeit, die Regale gefüllt wurden. Es begann die Zeit der Pellkartoffel – ein Universal-Lebensmittel.

Wurstwaren und Schinken aus heimischer Schlachtung hingen in der Wurstkammer, das Sauerkraut im Topf und die Kartoffeln in der Miete (ja, so hiess der Aufbewahrungsort tatsächlich) warteten darauf, deftig zubereitet mit grossem Appetit verspeist zu werden. In der Winterzeit gabs nichts besseres. Und zu fast allem – Pellkartoffeln.

Konserven, Haltbares, Dauerwaren

Wir heute kennen Vorratshaltung gar nicht mehr. Also dann mal den Zettel raus und notiert, was verspricht, abwechslungsreiches Essen in heimischem Ambiente zu werden. Pellkartoffeln! mit Ei, mit Quark, mit Gemüse, mit Sosse, mit Käse, mit Schinken, mit …

Kassler und Sauerkraut, Gulasch und Erbsen und Möhren, Nudeln, Thunfisch, Tomatensauce, Fischkonserven mit verschiedenen Saucen, Brotbackmischung, Mehl, Zucker, Butter, Gemüsebrühe, Reis, Müsli, Marmelade, Honig, Rotkraut und Nelkengewürz, Chiasamen, Leinsamen, Nüssevielfalt, Schokolade, Kakaopulver, Milch und alkoholfreies Bier, Hartkäse, Salami, Schinken.

Auf die Vorräte –  fertig – gar

Bisher haben wir alles nicht gebraucht. Die Versorgung während der Corona-Pandemie war an keinem der #stayathome- Tage gefährdet. Und jetzt, nachdem so langsam Normalität einzieht, da beginnen wir, unsere Vorräte zu inspizieren und erinnern uns an die Gerichte von damals.

Kassler und Sauerkraut mit Bratkartoffeln (aus Pellkartoffeln) – ein Gedicht. Chili con Carne… na, ja – aber so was gabs früher auch nicht. Gut, dass die Dose weg ist. Rotkraut, Rosmarinkartoffeln und Hirschgulasch. Reis und Rindsgulasch. Nudeln mit Tomatensauce und Thunfisch. Kartoffeln und Quark. Erbsen, Bohne, Linsen mit Wurst. Gemüsesuppe aus allen Gemüseresten – nichts wird fortgeworfen. Ach ja und Vanille- und Schokopudding zum Nachtisch. Kindheitserinnerungen mit Glücksgefühlen unterm Gaumen.

Pellkartoffeln und Hering

Und heute dann Pellkartoffeln mit Hering. Ein Sehnsuchtsessen. Das hats so oft freitags gegeben. Damals natürlich selbst gemacht. Aber in der Vorratshaltung ist frisch nicht drin, daher fertig gekauft. Egal – es war einfach lecker und schön.

Frisch ist unschlagbar

Aber wir haben auch festgestellt, dass wir Frische-Fanatiker sind. Frischer Fisch und knackiger Salat, frische Gemüse und weniger Fleischeinlagen… Doch für eine Weile gehen die Konserven auch. Bis auf Ravioli.

Das Ravioli-Trauma

Die haben wir uns verkniffen. Zu lange, zu oft, kalt oder warm, aus der Dose oder dem Topf. Die Lehrlings- und Studentenzeit war geprägt von Ravioli. Und später mit den Kindern, waren die Dinger (leider) auch der Renner. Irgendwann allerdings haben wir das Zeug nicht mehr runterbekommen, weil der Geschmack an den Geruch von Katzenfutter erinnerte – das superbillige Zeug hat es geschafft. Ja, und dann waren Konserven auch aus. Wir wollten es knackfrisch mit Vitaminen und ohne Dosenmüll.

Die Sache mit dem weissen Gold

Ach ja und dann war da ja noch die Sache mit dem Klopapier und der Vorratshaltung. Weil wir uns nicht die Blösse geben wollten als Hamsterkäufer enttarnt zu werden, haben wir den Klopapierkauf boykottiert. Und das hat sich fast bitter gerächt – genau wie bei Desinfektionsmitteln und Flüssigseife. Als wir es brauchten, waren die Regale dauerleergefegt. Mit viel Glück ergatterten wir  doch noch ein Paket. Und zwar bevor – auch aus alten Erinnerungen an die Kinderzeit mit Plumpsklo und weichgeriebenem Zeitungspapier – der Griff zum Anzeigenblatt nötig wurde.

Sag niemals nie – und jede Erfahrung ist wertvoll

Jedenfalls waren das nochmal Erfahrungen, die wir dachten, dass sie in unserer modernen und digitalisierten, agilen Luxuswelt nie wieder begegnen werden.

Brot und Krise

Besonderen Spass habe ich am Brotbacken gefunden. Das werde ich beibehalten und die Sauerkraut- und Rotkrautpackungen werden wir liegenlassen – sie halten, falls mal wieder eine Krise kommt. Wir sind gewappnet.