„Symptomsurfen“ – Diagnose online

Symptomsurfen – Wissend in die Sprechstunde

Wie gehe ich am besten mit Informationen aus dem Internet um, wenn es um meine Gesundheit geht? In meiner online PCOS-Sprechstunde beklagen sich oft junge Frauen, dass ihre Arzt/ihre Ärztin sie nicht ernst nimmt. Sie fühlen sich zudem blöd angemacht, wenn sie informiert erscheinen und Aussagen hinterfragen.

Das hat mich bewogen, mir ein paar Gedanken zum „Symptomsurfen“ zu machen. Meine meist gut vorinformierten Klientinnen wollen verstehen, was in ihnen vorgeht. Sie wollen als mündige Menschen behandelt werden und haben – wie ich finde – ein Recht darauf, alle Infoquellen auszuschöpfen. Als MedizinerIn sollte man sich freuen. Denn man kann das angelesene Wissen der Patientin nehmen und in die richtige Richtung lenken, wenn es nicht schon auf Kurs ist.

Lebe ich noch – oder habe ich schon gegoogelt?

Wer hat nicht schon mal Symptome gegoogelt, weil es hier und da gezwickt hat, weil die Kopfschmerzen nicht weggehen wollten? Weil man sich unkonzentriert gefühlt hat. Weil man Schmerzen gespürt hat und nur mal kurz wissen wollte, ob man sich ins Wartezimmer eines Arztes setzen soll oder ob Kamillentee und Decke übern Kopf reichen. Und die, die dann „Symptomsurfen“ probiert haben – haben die sich nicht vielleicht mit all den Informationen überfordert gefühlt ? Informationen, die einem suggerieren, es kann ganz harmlos sein, muss aber nicht, da auch hinter einem Kopfschmerz ein bösartig wütender Tumor stecken könnte usw…?

Vorsicht: Chats 

Besuche ich dann noch Chats zu dem Thema bin ich ganz aufgeschmissen, denn die einen schimpfen auf Ärzte, auf klassische Medizin, auf alternative Medizin, Phytomedizin, Homöopathie und Wunderheiler etc. Die anderen sind der gegenteiligen Auffassung und schwören auf das ein oder andere oder auf Kombinationen. In der Regel findet man seine eigene Situation nur teilweise beschrieben. Und – so mancher Empfehlung möchte ich gar nicht folgen, weil ich sie zu abwegig finde.

Fragen über Fragen…

Mit dem eigenen Körper, der eigenen Gesundheit zu spielen, finde ich zudem höchst riskant. Also dann doch lieber Wartezimmer, Arzt/Ärztin, Fachkraft und nehmen, was verordnet wird? Jein… wir sind heute viel zu aufgeklärt, als das wir blind den ausgebildeten Experten der medizinischen Fachrichtungen vertrauen. Arbeiten die nicht eng mit Pharma zusammen? Bin ich vielleicht Teil einer Studie? Und dann die Nebenwirkungen der Medikamente, die verschrieben wurden… bin ich wirklich so krank…? Fragen über Fragen!

Tipps zur Nutzung des Internets für erste Anhaltspunkte

Tipps, wie man „Symptomsurfen“ mit ärztlicher Beratung vereinen kann, sollen Licht ins Dunkel bringen und davor bewahren, dass sich Menschen bei einer ernsthaften Erkrankung selbst diagnostizieren und falsch behandeln. Der Schaden, der dadurch entstehen kann, macht dann vielleicht eine richtig langwierige Behandlung draus.

  1. Symptom-Suche: Wer sich unwohl fühlt und im Internet nach Hilfe sucht, kann dies zur Vorinformation tun und vorbereitet mit seinen Fragen zum Arzt/zur Ärztin seines Vertrauens (z.B. Hausarzt oder in meine online PCOS-Sprechstunde) kommen. Das ärztliche Personal ist ausgebildet, wird die Fragen aufnehmen und beantworten oder entsprechende Untersuchungen vornehmen.
  2. Bilder-Suche: Ausschlag, Reaktionen nach Insektenstich oder Hundebiss oder… können hilfreich sein, um sich selber zu orientieren oder beruhigen oder den Gang zum Arzt beschleunigen helfen. Behandeln sollte man das in keinem Fall selber!  Tipps und Tricks von anderen sind meist lieb gemeint, aber nicht immer zutreffend. Lieber nach der Beratung beim Arzt versuchen den ärztlichen Anordnungen oder Ratschlägen folgen. So kann der Arzt auch besser nachvollziehen, wenn sich Komplikationen einstellen.
  3. Apotheken: Ist kein Arzt/keine Ärztin erreichbar, kann auch in der Apotheke Rat eingeholt werden. Da sind zwar keine Ärzte, aber zumindest kennen ApothekerInnen sich mit dem medikamentösen Umfeld aus und haben in ihrer Ausbildung auch Krankheitsbilder gelernt.
  4. Unseriöse Seiten: Achtung beim „Symptomsurfen“, wenn der Anbieter von Informationen zu Erkrankungen gleich die entsprechenden Produkte zur Hand hat und verkaufen will. Oder mit „über“zufriedenen Kundenstimmen wirbt oder auf Ärzteschaft und Kliniken negative Bemerkungen fallen lässt oder auf dubiose Studien verweist oder nur sagt, dass das und das in Studien mehrfach bewiesen wurde.
  5. Chats: nicht umsonst wird immer öfter von personalisierter Medizin gesprochen. Was dem einen hilft, muss bei dem anderen im besten Fall gar nicht wirken und kann im übelsten Fall noch kränker machen.
  6. Gute Informationen: Gesundheitsforen mit Zertifikat (HONCode). Offizielle Institutionen, Internetseiten mit Quellenangaben und nachvollziehbarem Impressum – all das kann Sicherheit geben und auch, wenn Hinweise auf der Seite stehen, dass die Informationen keinen Arztbesuch ersetzen.